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Noch ist der Sommer nicht vorbei und der ein

oder andere Abend perfekt zum Grillen – noch

perfekter, wenn man dafür nicht extra runter in

den Garten oder gar bis in den Park muss, der

Balkon machts möglich. Dachte sich auch Steve,

als er seine Freunde zu sich nach Hause einlud.

„Wir hatten jede Menge Brätel und Rostbrat­

würste eingekauft

und auf meinem Balkon den

Grill angeheizt – für das leibliche Wohl war bes­

tens gesorgt. Wieso auch nicht, dachten wir, im­

merhin ist das ja kein Industriegrill und die Nach­

barn würden es in der Situation vermutlich

genauso tun.

Keine 15 Minuten später klingelte es an unserer

Tür.

Ich öffnete also meine Wohnungstür und vor

mir stand unser Vermieter mit grimmiger Miene

und stampfte auch schon an mir vorbei in meinen

Flur. Er sei bei meinen Nachbarn eingeladen wor­

den, weshalb er gerade im Haus sei und er könne

sich nicht daran erinnern, dass wir unseren

‚Qualm‘, wie er ihn so schön nannte, angemeldet

hatten. ‚Wie, angemeldet?‘, fragte ich verdutzt.

Das erschien mir wie eine ganz neue Methode.

Mir kann doch niemand verbieten zu grillen,

wenn ich das möchte!?

Stimmt auch, laut Art. 2 GG habe ich das Recht,

mich frei zu entfalten, solange ich dabei nieman­

den störe.

Genau da liegt das Problem. Er schaut

mich ernst an. ‚Was glauben Sie denn, was die

Mieter in der Wohnung über Ihnen sagen, wenn

der Qualm in ihr Schlafzimmer zieht? Oder wenn

diese gerade Wäsche auf dem Balkon hängen ha­

ben?‘. Hups, gar nicht drüber nachgedacht. Laut

§ 823 BGB habe ich durch meine eigene Dumm­

heit möglicherweise sogar Schadensersatzpflicht

zu leisten, wenn der Rauch Eigentum der Nach­

barn ruiniert.

Aber wenn die Mieter zu Hause sind, können sie

die Fenster doch auch einfach schließen und ihre

Wäsche reinholen, dann dürfte doch alles klar­

gehen?

Mein Vermieter seufzt, so ganz Unrecht

habe ich da wohl nicht. Eigentlich sollten Mieter

während der Abwesenheit zumindest ihre Fenster

geschlossen halten. Das Amtsgericht Bonn hat (in

der Sache 6 C 545/96) entschieden: 48 Stunden

vor dem eigentlichen Grillen haben Mieter den

Vermieter über ihr Grillvorhaben zu informieren.

Das jedoch würde jedes spontane Grillen verhin­

dern, man kann ja nicht ständig den Wetter­

bericht im Auge behalten. So einfach scheint es

nicht zu sein, hier über Recht und Unrecht zu ent­

scheiden. Deshalb wird jeder Fall einzeln betrach­

tet und auch von Amtsgericht zu Amtsgericht wird

unterschiedlich bewertet, weshalb es keine ein­

heitlich geltenden Grenzen gibt und sich Vor­

gaben zwischen den Regionen unterscheiden.

In manchen Bundesländern gibt es gar eine Be­

schränkung darauf, wie oft man grillen darf.

‚Seien Sie froh, dass sie nicht in Oldenburg leben.

Nur viermal jährlich darf man da grillen!‘ Ein Blick

auf mein Smartphone und Google gibt ihm Recht

(das Urteil ist zu finden unter dem Zeichen Az. 13

U 53/02). Die armen Oldenburger.

Hier im Haus habe man sich darauf geeinigt,

zwei Tage vorher einen Zettel auszuhängen, da­

mit alle Anwohner Bescheid wüssten und man

sich über solche Streitigkeiten keine Gedanken

mehr machen müsse.

Mein Vermieter betritt

mein Wohnzimmer, in dem meine Freunde wie

gebannt auf die Mattscheibe starren. Fast eine

halbe Stunde haben wir nun mit Diskutieren ver­

bracht. ‚Naja, sehen Sie das nächste Mal einfach

zu, dass Sie einen Zettel aufhängen – für den

Hausfrieden. So haben wir das in der Hausord­

nung festgemacht.‘ Er verabschiedet sich und

geht. Puh, nochmal Glück gehabt. (jrh)

Es war einmal …

eine Rechtsgeschichte

Du bist doch noch jung, was hast du schon mit rechtlichen Dingen zu tun? Mehr, als du denkst. Das zeigen dir WiYou und

das Jugendrechtshaus Erfurt mit den Rechtsgeschichten. Diesmal geht’s um ein Thema, das gerade im Sommer für das

eine oder andere Missverständnis sorgen kann: Grillen auf dem heimischen Balkon.

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 42016

Foto: karepa/fotolia

Jugendrechtshaus

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